Meine aktuelle Stellungnahme in der Hersfelder Zeitung

21.11.2025

Fragen Rund um die Rentenreform und den Wehrdienst

Haben Sie Verständnis für die Haltung der Jungen Gruppe innerhalb der CDU?

Natürlich habe ich Verständnis für die Haltung der jungen Generation und ich unterstütze die Forderungen. Allerdings reicht es nicht, aktuell nur über die Rente zu sprechen, die schon jetzt mit über 120 Milliarden Euro pro Jahr aus Steuermitteln bezuschusst werden muss, weil die Rentenbeiträge nicht mehr ausreichen. Das macht schon jetzt 1/4 des Bundeshaushalts aus. Was Deutschland jetzt braucht, ist eine echte Sozialreform. Die Zukunft der Rente ist dabei nur ein Aspekt. Es muss darüber hinaus auch um die Zukunft des Pflegesystems, der Krankenkassen, der Ruhegehälter und der Finanzierung der Pensionen gehen. Auch diese Bereiche sind chronisch unterfinanziert bzw. belasten die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Zudem ist die Ungerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung spürbar und sichtbar. Auch zu all diesen Fragen wünschte ich mir einen lauten Aufschrei der Jugend. Wir alle spüren und wissen, dass sich etwas ändern muss. Ich bin mir sicher, dass die Menschen für eine Reform der Sozialsysteme Verständnis haben und bereit sind, ihren Beitrag dazu zu leisten. Das geht aber nur von oben nach unten und nicht von unten nach oben. Aus diesem Grund finde ich es fatal, dass wir aktuell ausschließlich über die Zukunft der Renten sprechen, nicht aber im gleichen Atemzug auch über uns Politiker mit dem Ruhegehaltssystem, nicht über die Beamtenpensionen und nicht über privat und gesetzlich Versicherte. Das gehört jetzt alles auf den Tisch. Und wir Politiker sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen und den ersten Aufschlag machen. Nur so können wir m.E. Vertrauen und die notwendige Akzeptanz für Reformen gewinnen.


Glauben Sie, dass das Rentenpaket trotzdem kommt, oder wird es Nachverhandlungen geben?

Ich denke, dass es noch einen Kompromiss geben wird und das Gesetz mit einem Entschließungsantrag gekoppelt wird, der regelt, dass eine Rentenkommission ihre Ergebnisse bereits im Sommer 2026 präsentieren wird und man somit das Gesetzgebungsverfahren für die Zeit nach 2031 noch in dieser Legislaturperiode beginnen kann. Eine frühere Einsetzung der Rentenkommission könnte die verfahrene Situation in dieser Frage innerhalb der Union und der Koalition vorerst befrieden. Meine Hoffnung ist, dass die Rentenkommission meine Punkte aus Frage 1 genauso einschätzt.


Auch bei der Neuregelung der Wehrpflicht wurde von "alten Leuten" über die Köpfe der Jugend hinweg entschieden. Haben Sie vor diesem Hintergrund Verständnis dafür, dass sich viele junge Leute von der Regierung übergangen fühlen?

Diese Meinung kann ich nicht teilen. Es ist eine demokratisch legitimierte Entscheidung des Deutschen Bundestags, in dem übrigens auch viele junge Abgeordnete sitzen. Der Bundestag ist dafür zuständig und verantwortlich und macht sich die Entscheidung bzgl. des neuen Wehrdienstmodells nicht leicht. Verpflichtend ist zudem aktuell für die Männer nur die Musterung. Die allgemeine Sicherheitslage in Europa erfordert ein Umdenken. Das weiß auch die junge Generation. Meine Generation wurde seinerzeit auch nicht gefragt, ob wir Wehrdienst oder einen Ersatzdienst leisten wollen. Wir mussten es tun. Da sind wir mit dem neuen Wehrdienstmodell ja noch lange nicht. Es setzt auf Freiwilligkeit. Nur wenn nicht ausreichend Freiwillige gefunden werden, kann der Wehrdienst verpflichtend werden. Mir persönlich hat der Wehrdienst nicht geschadet, im Gegenteil. Bei der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 hat sich auch niemand beklagt. Ich bin sicher, dass ein Wehrdienst oder ein anderer Dienst am Vaterland jungen Menschen Orientierung gibt und sich die jungen Leute wieder stärker mit ihrem Land identifizieren. Was würde die junge Generation den "alten Leuten" sagen, wenn tatsächlich der Fall eintritt, dass wir uns verteidigen müssten und wir wären darauf nicht vorbereitet? Dann würde man uns "alten" bitterliche Vorwürfe machen und das zu Recht.